(*) in diesem unserem lande ;-)



was ist liebe?

was den begriff "liebe" angeht, habe ich oft den eindruck, daß liebe mit verlieben und begehren und unfairen spielchen in beziehungen verwechselt wird.

verlieben
wenn du verliebt bist, bist du beschwingt und voller lebenslust, und alles um dich herum erscheint dir viel erfreulicher und sonniger als bisher. kein wunder, daß man gerne verliebt ist.

verliebtsein lebt vom kontrast und dem neuen. vielleicht hast du eine dame kennengelernt, die in dir eine saite anschlägt, wie es so sonst keine tut. oder sie weckt in dir ein bedürfnis, das du alleine [ ;-) ] nicht befriedigen kannst. oder sie ist einfach ganz anders, als alle, die du bisher getroffen hast. angesichts dessen kommt dir dein bisheriges leben total fad vor.

verliebtsein hat etwas mit realitätsferne zu tun.
du projizierst etwas auf eine andere person und glaubst, sie wäre dafür verantwortlich. stell dir vor, du wärest ein diaprojektor und in dir steckt seit jeher ein dia. das ist dir noch nie weiter aufgefallen, du fühlst dich ganz wohl so und gehst durchs leben.
auf einmal leuchtest du auf eine leinwand, die dir das bild, das du ausstrahlst, zurückwirft. es zeigt dir, was in dir steckt. du hast es irgendwie immer in dir gefühlt, aber weil du die ganze zeit nur nach draußen geschaut hast, glaubst du, die leinwand wäre für das bild verantwortlich. und weil es dir so gut gefällt, daß du es nicht mehr missen möchtest, beginnst du, die leinwand anzubeten.

genauso ist es mit dem verlieben. (leider nicht nur da, aber das ist eine andere geschichte.) du glaubst, die dame deines herzens wäre für das tolle gefühl in dir verantwortlich, und du beginnst, sie dafür anzubeten.

wenn du dich verliebst, gibst du dich ganz, aber du selbst bist nicht mehr da. du machst eine gewagte anleihe auf die zukunft (was dir in dem moment herzlich egal ist) und hoffst, daß sie (die zukunft wie die angebetete) dir das auszahlt, was du ihr vorstreckst. bist du glücklich verliebt, dann bekommst du mindestens soviel, wie du bekommen möchtest.

beschissen ist es, wenn du unglücklich verliebt bist. dann hast du das gefühl, weniger zurückzubekommen, als du bekommen möchtest. du sitzt rum, weißt nix mit dir anzufangen, fühlst dich irgendwie betrogen. je nach mentalität fängst du an zu saufen, anderen dein leid zu klagen oder klowände zu verschönern.
oder du gibst noch mehr - in der hoffnung, die dame deines herzens doch noch zu gewinnen.


verliebtsein hat was mit sich-verlieren zu tun.
wenn ich mir den begriff "sich ver-lieben" anschaue, sehe ich eine ähnliche konstruktion wie bei "sich ver-kaufen", "sich ver-kalkulieren", "sich ver-raten", "sich ver-tun" usw. lauter worte, die für ganz einfache handlungen stehen, aber in verbindung mit "sich ver-" eine empfindliche beeinträchtigung der persönlichen lebensqualität umschreiben, die man sich selber eingebrockt hat.
daß man das beim "sich ver-lieben" nicht ganz so negativ sieht, liegt wohl zum einen an dem damit einhergehenden, als glücksgefühl empfundenen rausch. zum andern an der romantischen verklärung von liebe.

aber irgendwann verliert auch das tollste verliebtsein seinen glanz. du hast dich daran gewöhnt. der reiz ist weg. das ist, wie wenn du ein halbes jahr lang jeden tag sachertorte mit sahne zu essen kriegst. irgendwann kannst du sie nicht mehr sehen, selbst wenn du sachertorte mit sahne über alles "liebst".


es heißt, nach vier jahren ist die verliebtheit in einer beziehung aufgebraucht. spätestens dann beginnt die liebe, oder die beziehung löst sich auf.


"liebe...
...fordert nicht, liebe gibt" heißt es.
liebe hat für mich nicht nur mit einem guten gefühl zu tun, sondern vor allem mit handeln und behandlung. wenn ich liebe, dann pflege ich das objekt meiner liebe (egal, ob mensch, tier, baum oder motorrad...) und gebe ihm alles, was es braucht und wozu ich in der lage bin, damit es gesund bleibt, gedeiht und reiche frucht trägt. dazu gehört auch, daß ich ihm den freiraum lasse, den es braucht, damit es sich wohlfühlt.

aber das gilt zuallererst für mich selbst. wenn ich mich selbst nicht liebe, fühle ich mich nicht wohl. wie kann das, was ich gebe, wohltuend sein, wenn ich mich selber nicht wohlfühle?
dann weiß ich vielleicht nicht mal, was überhaupt wohl tut.

also: liebe fängt immer bei der liebe zu dir selbst an. wenn du in dir ruhst, bist du in der lage, unbelastet von deinen problemen den anderen so zu sehen, wie er ist, und ihm das zu geben, was er gerade braucht. wenn du nicht in dir ruhst, ist deine liebe möglicherweise von deinem eigenen hunger nach zuwendung gefärbt und schadet dem anderen mehr, als daß es ihm hilft. und du machst die beziehung kaputt, statt sie zu pflegen.


liebe ist arbeit
frag mal paare, die seit jahrzehnten zusammen und immer noch zufrieden sind. da kommt dann was von vertrauen und verantwortung und vielleicht auch fürsorge. die sind aufeinander eingespielt und haben ihr leben lang an der beziehung gearbeitet (da ist es wieder).

nicht umsonst heißt es im eheversprechen "ich will dich lieben, bis daß der tod uns scheidet". hier geht es nicht darum, sich für alle ewigkeit eines hochgefühls zu versichern. das kann man garnicht, das ist allen klar. ich glaube vielmehr, daß beide sich der verantwortung füreinander bewußt sein und diese anerkennen sollen.
und damit keiner sagt, das habe er nicht gewußt, wird es vorher noch einmal deutlich angesprochen.
egal, ob man verheiratet ist oder nicht - die verantwortung für einander steht immer im raum.


ein anderer diskussionsteilnehmer meinte:
"Wenn Du plötzlich Gefühle verspürst, wie Eifersucht, dauernd an Sie denkst, sie vermißt, nicht schlafen kannst und keinen Appetit mehr hast, dann, glaube ich, ist es Liebe."


ich dagegen glaube:
wenn du plötzlich eifersucht verspürst, hast du angst, du könntest den (von dir vermuteten) anforderungen deiner partnerin nicht (mehr) genügen. das hat was mit dir und deinem selbstwertgefühl und deinem selbstvertrauen zu tun.

(selbstwertgefühl handelt von dem, was DU dir selbst wert bist, bzw. welchen wert DU dir selbst gibst.
selbstvertrauen handelt davon, wie sehr du auf dich selbst vertraust, daß du dein leben selbst bewältigen kannst.

wohlgemerkt: das, was du selbst BIST,
nicht, was du selber TUST.)


wenn du dauernd an sie denkst, sie vermißt, nicht schlafen kannst und keinen Appetit mehr hast, dann hast du dich zumindest im ansatz unglücklich ver-liebt.
du hast die verantwortung für dein leben aus der hand gegeben und glaubst, die frau deines herzens alleine wäre für dein wohlgefühl zuständig. vielleicht hast du angst, sie könnte dich ablehnen. weiß sie das? wie geht sie wohl damit um?
auch das kann angst machen.


liebe und freundschaft schließen sich meiner meinung nach nicht aus, sondern ergänzen sich zu einer guten beziehung. es bedeutet aber in jedem fall, daß man sich offenbart und damit auch das risiko eingeht, verletzt zu werden.

wenn du dich weiter in die problematik vertiefen möchtest, empfehle ich "die kunst des liebens" von erich fromm.
ein standardwerk und gutes buch zum thema.


alles gute!
 zangadang



(entstanden als beitrag zu einer diskussion über den begriff "liebe") *zangadang 1996